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Von Niki Vogt
Der nächste Herr, derselbe Minister. Wirtschaftsminister Habeck hat keine korrupten Staatssekretäre, die gehen müssen. Sie hören nur auf zu arbeiten. Herr Patrick Graichen bekommt weiterhin seine Bezüge, muss aber nicht mehr arbeiten. Und auch dem nächste Staatssekretär könnte das gelingen. Und Minister Habeck ist natürlich kein schlechter Minister, er hat nur keine Ahnung, was seine Staatssekretäre so machen.
Nachdem Herr Graichen – er gilt als das strategische Hirn Habecks für die Deindustrialisierung Deutschlands – nur wegen eines einzigen, winzigen, kleinen Fehlers zuviel gehen musste, ist jetzt Udo Philipp ins Fadenkreuz gerückt. Er ist in Minister Habecks Wirtschaftsministerium zuständig für Digitalpolitik und die Förderung von sogenannten „Startups“, er entwirft und verantwortet dort auch die Startup-Strategie der Bundesregierung und die Milliarden-Förderprogramme.
Startups: Das ist ein modischer Ausdruck dafür, dass (meist junge) Leute ein Unternehmen gründen mit einer Idee, von der sie überzeugt sind, aber gar nicht die finanziellen Mittel aufbringen können. Weil sie eben nicht ein neu ausgegründetes Neuunternehmen einer Kette oder eines Konzerns sind. Solche Startups werden staatlich gefördert, sofern die Unternehmensidee Aussicht auf Erfolg hat. Früher nannte man das eine „Garagenfirma“, weil es da noch keine großen Finanzspritzen gab und viele Jungunternehmer eben erstmal irgendwo einen Raum brauchten, wo sie Prototypen zusammenbastelten – und wenn’s in Papas Garage war.
Herr Staatssekretär Udo Philipp, Staatssekretär im Bundeministerium für Clanwirtschaft und Klimaschutz, kann also großzügige Förderungen zuteilen oder auch lassen. So weit, so gut. Was aber anrüchig ist: Er investiert privat Geld in diese Firmen, die er mit Staatsgeldern fördert. Nun muss man nicht besonders viel Kenntnisse in Wirtschaft haben, um zu verstehen, dass da ein Interessenskonflikt entstehen kann.
Egal, was zuerst da war, die Henne oder das Ei: Wenn ich in ein vielversprechendes Startup-Unternehmen privat mein Geld investiere, dann aber diesem Jungunternehmen dann hohe Summen Fördergeld zukommen lasse, dann sichere ich und vermehre ich natürlich meine Investition. Und wenn ich umgekehrt erst die Förderung zuteile und dann privat in dieses Startup Geld investiere, nachdem ich es mit staatlichen Fördersummen auf Zack gebracht habe, profitiere ich persönlich ja genauso davon.
Julia Klöckner, wirtschaftspolitische Sprecherin von CDU/CSU, moniert trotzdem: „Wenn jemand Entscheidungen im Ministerium vorbereitet, bei deren Umsetzung er selbst finanziell mittelbar oder unmittelbar profitiert, dann geht das nicht. Die Bürger werden dann künftig jede Entscheidung hinterfragen – zu wessen Wohle sie getroffen worden ist. Es gibt hier keine höhere und entlastende Moral, nur weil es die Grünen und die Energiefragen geht.“
Herr Staatssekretär Philipp ist an insgesamt vier solcher Firmen beteiligt. Wie es aussieht, hatte er die Beteiligungen an den Firmen schon, bevor er diese Position Im Wirtschaftsministerium bekam. Also ließ er offenbar diesen Firmen, an denen er beteiligt ist, beachtliche Förderungen zukommen. Nun heißt es aus dem Wirtschaftsministerium, es sei nur eine der vier Firmen gefördert worden und Herr Philipp sei an der Entscheidung zur Förderung nicht beteiligt gewesen.
Wenn der Focus berichtet:
Philipp war vor seiner Zeit in der Politik als Investor tätig. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums hält er noch immer Beteiligungen an vier Unternehmen, darunter Start-ups. Gleichzeitig kümmert er sich im Ministerium um Bereiche wie die Digital- und Innovationspolitik sowie Start-ups. (…) Die finanziellen Förderungen solcher Jungunternehmen verantwortet zwar mit Sven Giegold ein anderer Staatssekretär, bis Mitte Dezember 2022 war das jedoch auch Sache von Philipp.
Dann ist auch im Fall, dass dieses Startup-Unternehmen, um das es hier geht, erst nachdem Herr Philipp diese Förderungen nicht mehr selbst zuteilt (aber dafür verantwortlich ist) eine Bereicherung. Und kann man ihm wirklich abnehmen, dass es da keine irgendwie geartete Verständigung zwischen Herrn Giegold und Herrn Philipp gegeben haben soll.
Seine Beteiligungen an den folgenden Firmen sind nirgends höher als 8,3 Prozent:
Africa GreenTec AG (Hainburg), gegründet 2016, Anteile im Umfang von 4,1 Prozent. Hersteller von skalierbaren Solarcontainern für die Stromversorgung im ländlichen Afrika. Investoren: Green Climate Ventures.
LMP SAS (Paris, Frankreich), gegründet 2014, Anteile im Umfang von 13,6 Prozent. Entwickler eines Datenverarbeitungssystems. Investoren: Arjo, Holnest, Kima Ventures, Odyssee Ventures, Xavier Niel.
CSP GmbH & Co. KG, (Großköllnbach), gegründet 1991, Anteile im Umfang von 5,1 Prozent. Qualitätssicherungssoftware für die automatische und halbautomatische Fertigung. Investoren: EOS Partners (München).
MST Group GmbH (München), gegründet 2009, Anteile im Umfang von 8,3 Prozent. Schulungs- und Seminarsoftware. Investoren: A W Brunn International, EOS Partners (München).
Aber ab wo gibt es eben doch das Interesse, mittels Fördergeldern mehr Vermögenszuwachs für den Wert seines eigenen Anteils zu generieren? Welche genauen regeln gibt es dafür im Bundeswirtschaftsministerium? Herr Philipp hat diese Beteiligungen auch erst offengelegt, nachdem er richtig unter Druck geraten war.
Bundeswirtschaftsminister Habeck weist natürlich alles zurück. Nächste Woche soll das Im Wirtschaftsausschuss des Bundestages besprochen werden. Das Unternehmen, um das es hier geht, Africa Tec,. war mit mehreren Zehntausend Euro durch Habecks Wirtschaftsministerium gefördert worden. Die Beteuerung, dass Staatssekretär Philipp keinen aktiven Einfluss nimmt auf die Unternehmen, in die er investiert hat, beruhigt wenig. Wenn seine Anteile im Wert massiv steigen, weil diese Unternehmen vom Staat gefördert werden, ist das schon genug.
Offiziell vom Ministerium wurde verlautbart, dass es zwar für direkte Beteiligungen keine Anzeigepflichten gebe. Aber man ist ja großzügig: „Dennoch sorgen wir hier für Transparenz und veröffentlichen die Unternehmensbeteiligungen von Staatssekretär Udo Philipp“
Dazu kommt aber im konkreten Fall, dass der Gründer des Investmentfonds „First Momentum Ventures , bei dem Udo Philipps zusätzlich zu den „nur vier kleinen“ beteiligt ist, ebenfalls investiert ist, jetzt der Berater für Digitalwirtschaft des Wirtschaftsministers Robert Habeck ist.
2 Std. Zeit mit BM Habeck waren sehr gut, um Themen wie #Digitalbudget u.a. für KI, Mitarbeiterkapitalbeteiligung, Fachkräftemangel, Digitale Souveränität zu diskutieren. Sehr wertschätzende Diskussionskultur, auch mit und durch @annachristmann & den Kolleg*innen des @BMWK! #bjdw https://t.co/6Qmws2KMDq
— Lena-Sophie Müller (@LSMueller) March 21, 2023
Das hatte Minister Habeck in seiner Stellungnahme jedoch verschwiegen. Der Herr heißt Sebastian Böhmer und Beirat „Junge Digitale Wirtschaft“ und hat sich – siehe den Tweet hier oben – nicht nur mit Herrn Minister Habeck getroffen, sondern berät auch den für Digitalwirtschaft zuständigen Herrn Staatssekretär Udo Philipp. Nein, sowas! Zufälle gibt’s!
Und noch ein Zufall: Laut Business Insider ist es so, dass Staatsekretär Udo Philipps an diesen First Momentum Ventures ebenfalls beteiligt war – oder ist. Dazu gehört aber auch das Startup „Heycharge“. Dessen Unternehmenszweck ist es, in Parkhäusern und anderswo Ladestationen für Stromer einzurichten. Und, wie es der Zufall will, ist Herr Udo Philipp im Bundesministerium für Wirtschaft und Klima für die E-Mobilität zuständig. Die Welt ist eben klein.
Transparenz geht anders – und wieder grüßt der Filz. Frage, wie viele Fehler darf Herr Philipp machen, bevor es einer zu viel wird, und ab wann Bundeswirtschaftsminister Habeck gehen?
Seine Glaubwürdigkeit hat er jedenfalls komplett verspielt. Nur werden wir wir ihn nicht los werden, genauso wenig wie Bundekanzler Olaf Scholz an dessen aktiver Mitwirkung im Cum-ex Steuerbetrugsskandal kaum noch jemand Zweifel hegt – oder Innenminister Nancy Faeser, die ganz offenkundig die Migrationszahlen verbiegt und zerschwurbelt.
Diese Leute haben keine Ehre und kein Format. Sie bleiben einfach stur hocken auf ihrem Posten und machen weiter.